Webinar-Reihe: Basiswissen Quantencomputing

23. November 2022

Quantenmechanik mag schwierig sein. Wie ein Quantencomputer funktioniert, kann man aber trotzdem verstehen wenn es gut erklärt wird. In dieser Vortragsreihe erklären DLR-Expertinnen und -experten zum Beispiel, wie man mit Qubits rechnet, was einen Quantenannealer von Quantencomputern unterscheidet und wie man Quantensimulation zur Materialforschung einsetzen kann. Die fünfteilige Seminarreihe richtet sich an Menschen, die das Wort Quantencomputer schon einmal gehört haben, aber sich fragen, was das ist.

Hinweis: Die Videos werden derzeit bereitgestellt.

1|Was ist ein Quantencomputer?

Referent: Dr. Roland Pleger vom DLR-Institut für Softwaretechnologie

Ein Computer rechnet mit Bits, ein Quantencomputer mit Qubits. Diese Aussage ist nicht grundsätzlich falsch, wäre uns ein Qubit nicht so fremd. Tatsächlich gibt es anschauliche Experimente, die die Überlagerung von Zuständen veranschaulichen. Im Kern drückt sich die Überlagerung im stark vereinfachten Modell des Welle-Teilchen-Dualismus aus: ein Photon wird manchmal als Teilchen, ein andermal als Welle beschrieben. Im Wellenmodell ist die Wellenfunktion örtlich verschmiert, die im Moment einer Messung in ein diskretes Teilchen kollabiert.

Den zweiten Schlüsselbegriff, die Verschränkung. kennt jeder, der sich einmal mit Atommodellen beschäftigte. Die Elektronen eines Heliumatoms sind voneinander nicht zu unterscheiden und werden durch eine gemeinsame Wellenfunktion beschrieben. Diese Grundlagen genügen, um der Idee eines Quantencomputers zu folgen. Qubits werden in einen angeregten Zustand gebracht und mit anderen Qubits verschränkt.


2|Wie wird ein Quantencomputer programmiert?

Referent: Dr. Roland Pleger vom DLR-Institut für Softwaretechnologie

Solange man das System sich selbst überlässt, vollbringt es förmliche Rechenwunder. Um daran teilzunehmen, muss man messen – und erhält als Ergebnis nur einen der vielen möglichen Zustände. Werden die Messungen oft genug wiederholt, lässt die statistische Verteilung erahnen, was im Quantencomputer vorgegangen ist.

Die praktische Umsetzung von steuerbaren Qubits ist ein Meisterwerk der Ingenieurskunst. Abgekühlt weit unter die Temperaturen, die im Weltraum herrschen, werden supraleitende Qubits individuell mit einer Taktrate weit über einem Gigahertz und im zehntel Promillebereich exakt dosierten Energie. Andere Qubits-Umsetzungen versuchen ähnliches bei Raumtemperatur. Die Rechnungen müssen beendet und ausgelesen sein, bevor die Zustände durch Wechselwirkung mit der Umwelt kollabieren. Kein leichtes Unterfangen, da die Fehleranfälligkeit nur durch weitere Qubits abgemildert wird, die selbst wieder fehlerbehaftet sind.


3|Quantum Annealing

Referent: Dr. Elisabeth Lobe vom DLR-Institut für Softwaretechnologie

Quantum Annealer sind spezielle Quantenarchitekturen, die auf Basis des adiabatischen Theorems ein Quantensystem in ein anderes durch adiabatische Evolution überführen und dabei den Grundzustand, den Zustand der niedrigsten Energie, erhalten. Durch Kodieren einer Funktion im Zielquantensystem kann damit deren Minimum bestimmt werden.

Da die theoretischen Voraussetzungen des adiabatischen Theorems jedoch in der Realität nie vollständig erfüllt werden können, stellt der Quantum Annealer einen heuristischen Optimierer für diese Zielfunktionen dar, der durch wiederholtes Ausführen die Optimallösung nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit findet.

Die Firma D-Wave Systems Inc. ist die erste, die einen Quantum Annealer kommerziell verfügbar machte. Die Realisierung der Qubits über überlappende supraleitende Schleifen erlaubt hierbei die Optimierung quadratischer Zielfunktionen über binäre Variablen. Diese sogenannten Ising-Probleme sind klassisch schwer zu lösen. Ein Beispiel ist das Flugzeug-Gate-Zuordnungsproblem, bei dem die Zeit, die Transitpassagiere von einem Gate zum anderen benötigen, optimiert wird.

Die eingeschränkte Hardwarestruktur erfordert jedoch verschiedene Transformationsschritte. So müssen beispielsweise alle Variablen binär kodiert und Nebenbedingungen durch Strafterme in die Zielfunktion integriert werden. Zudem realisieren die Qubit-Kopplungen nur einen ganz bestimmten Hardwaregraphen, in den eine sogenannte Einbettung gefunden werden muss, bevor auf der Maschine Berechnungen durchgeführt werden können. Auf Basis dieser Einbettung muss anschließend das eingebettete Ising-Problem formuliert werden, das das eigentlich zu lösende Problem auf der Maschine repräsentiert. Hierbei muss die eingeschränkte Maschinenpräzision beachtet werden. All diese Schritte haben einen starken Einfluss auf die Erfolgswahrscheinlichkeit und müssen daher mit großer Sorgfalt durchführt werden, um sinnvolle Experimente auf dem Quantum Annealer zu ermöglichen.


4|Materialforschung mit Quantensimulation

Referent: Dr. Benedikt Fauseweh vom DLR-Institut für Softwaretechnologie

Wenn die inneren Prozesse der Natur nach quantenphysikalischen Regeln verlaufen, scheitern klassische Ansätze, sie zu simulieren. Besonders interessant sind Oberflächenprozesse, bei denen nur überschaubar viele Atome beteiligt sind. Beispiele sind Biokatalysatoren, die Zucker bei Raumtemperatur verbrennen oder Effekte an den Elektrodenoberflächen von Batterien.

Ein Quantencomputer würde dieses Problem elegant lösen. Fortschritte in der Experimentaltechnik erlauben es, Einzelatome und ihre Wechselwirkung zu untersuchen. Ketten von Einzelatomen bilden die Vorstufe von gatterbasierten Quantencomputern. Noch ist die Fehlerrate von Quantengattern zu groß, um mit ihnen umfangreiche Algorithmen zu programmieren. Einen Ausweg zeigen jedoch Hybridsysteme, die Aufgaben gemeinsam angehen: Zwischenergebnisse eines Quantencomputers fließen in die Rechnungen eines klassischen Computers ein. Er gibt verbesserte Parameter an den Quantencomputer zurück und grenzt dort den Parameterbereich ein. Damit führt der Quantencomputer die nächste Abschätzung durch und setzt die Schleife fort.


5|Quantenalgorithmen

Referent: Dr. Michael Epping vom DLR-Institut für Softwaretechnologie

Quantenalgorithmen sind Algorithmen, die auf Quantencomputern ausgeführt werden. Sie nutzen Phänomene der Quantenmechanik wie Superposition von Zuständen und Verschränkung aus und ermöglichen es so, gewisse Probleme in weniger Schritten zu lösen als ein klassischer Computer. Der Vortrag erläutert wichtige Klassen von Quantenalgorithmen und ihre zentralen Bausteine. Neben einem Überblick über die wachsende Anzahl an Quantenalgorithmen betrachtet er einige wenige Beispiele genauer. Sie geben ein Gefühl dafür, woher diese ihren Vorteil gegenüber klassischen Verfahren gewinnen.


6|QCI-Projekt ALQU

Referent: Dr. Peter Ken Schuhmacher vom DLR-Institut für Softwaretechnologie

Es ist gar nicht einfach, Algorithmen für fehlerbehaftete Quantencomputer zu finden, die trotz Fehleranfälligkeit einen Quantenvorteil versprechen. Das ist derzeit eine zentrale Herausforderung! Für aktuelle Quantencomputer der NISQ-Ära sind noch keine Algorithmen bekannt, die eine garantierte Laufzeitverbesserung gegenüber klassischen Computern besitzen. Obwohl viele dieser Algorithmen auch ohne eine Quantenfehlerkorrektur auskommen, ist eine genaue Kenntnis der Fehler für die Erreichung des Quantenvorteils unabdingbar. Durch die Forschungs- und Entwicklungsarbeit im QCI-Projekt ALQU wird das Ökosystem Quantencomputing mit der Entwicklung von innovativen Produkten und Anwendungen unterstützt.


7|R-QIP

Referent: Dr.-Ing. Francisco Lazaro Blasco vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation

Quantencomputer versprechen eine exponentielle Beschleunigung bei der Lösung bestimmter Problemklassen. Quanteninformation ist jedoch von Natur aus anfällig für Fehler und Informationsverluste. Die Hardware für Quantencomputer ist von Natur aus fehleranfällig, während die eigentliche Quantenberechnung nur in einer praktisch fehlerfreien Umgebung stattfindet. Damit also Quantenberechnung in der Praxis möglich ist, müssen die Informationen in den Qubits geschützt werden. Dies erfordert die Einführung einer Quantenfehlerkorrektur. Das Projekt R-QIP befasst sich mit solchen Techniken zur Quantenfehlerkorrektur, um Quantenberechnungen vor Fehlern zu schützen.