Wir haben per Ausschreibung nach Unterstützung für unser Materialforschungsprojekt QuantiCoM für die Lose AMQS & QALPHAD gesucht. Den Zuschlag haben nun D-Fine und Planqc erhalten. Unterstützt werden sie von ExoMatter und Airbus Defence and Space.
In der Materialforschung werden Quantencomputer früh einen Vorteil bringen. Sie ermöglichen eine schnellere Materialentwicklung und drastisch kürzere Entwicklungszeiten in Materialwissenschaften, Werkstofftechnik und vielen industriellen Anwendungsfällen. Noch ist aber nicht klar, welche Ansätze auf den ersten verfügbaren Quantencomputern wirklich nützlich sein werden. Mit unserem Materialforschungsprojekt QuantiCoM der DLR-Institute für Werkstoff-Forschung und für Materialphysik im Weltraum wollen wir herausfinden deswegen herausfinden, für welche materialwissenschaftlichen Ansätze so ein Quantenvorteil – und damit wirkungsvolle Anwendungsfälle in Industrie und Forschung – möglich wird.
Mit den industriellen Anwendungsfällen im Blick, haben wir in zwei Ausschreibungen für QuantiCoM | QALPHAD und QuantiCoM | AMQS deswegen Unternehmen gesucht, die uns bei der Weiterentwicklung der Quantencomputer-gestützten Materialsimulation weiterhelfen. Den Zuschlag haben wir in beiden Fällen einem Konsortium der Unternehmensberatung D-Fine und dem Quantencomputer-Hersteller Planqc gegeben. Ihre umfangreichen und praxis-relevanten Angebote haben uns überzeugt. Bei der Umsetzung werden sie außerdem zusätzlich von den Simulationsspezialisten ExoMatter als Unterauftragnehmerin und von Airbus Defence and Space als assoziierter Partnerin unterstützt.
Und auch das ist uns wichtig: Mit QAPHAD und AMQS sind alle Industrieaufträge für das Projekt QuantiCoM vergeben. Damit sind insgesamt vier Unternehmen – D-Fine, HQS Quantum Simulations, IQM Germany, ParityQC und Planqc – mit ganz unterschiedlichen Expertisen und Perspektiven in ein höchst industrierelevantes Forschungsprojekt eingebunden, die über ihre Unterauftragnehmerinnen weitere praktische Relevanz und eine breite, auch industrielle Expertise einbringen. Forschung, Startups und Industrie, das ganze Ökosystem profitiert von dieser Zusammenarbeit im Rahmen der DLR QCI.
Hintergrund: QuantiCoM | QALPHAD
Für QuantiCoM | QALPHAD simulieren d-fine und planqc – zusammen mit ihren Partnern ExoMatter und dem assoziierten Partner Airbus – Materialeigenschaften zur praktischen Entwicklung neuer Materialien. Insbesondere geht es dabei um die Simulation von Materialien, für die ein Quantenvorteil durch eine Auslagerung von Teilen der Berechnung auf Quantencomputer aussichtsreich ist. Zu diesem Zweck sollen im Rahmen des Projektes der industriell eingesetzte CALPHAD-Ansatz mit neu entwickelten Simulationsansätzen auf Quantencomputern verbunden werden, vulgo QALPHAD.
CALPHAD (Computer Coupling of Phase Diagrams and Thermochemistry) ist eine Berechnungsmethode, die in der Materialwissenschaft und -technik zur Modellierung und Vorhersage der thermodynamischen Eigenschaften und des Phasenverhaltens von Mehrkomponentensystemen eingesetzt wird. Für Materialien mit starken elektronischen Korrelationseffekten stößt diese Methode aber an ihre Grenzen.
Quantencomputer könnten die Simulation solcher stark korrelierten Systeme verbessern, vielleicht sogar potenziell verbessern. Man muss aber auch klar sagen: Eine vollständige Simulation realistischer Materialien auf den ersten Quantencomputern nicht möglich.
Um die verfügbaren Systeme trotzdem sinnvoll nutzen zu können, muss die Anzahl der Elektronen beziehungsweise Orbitale, die mit höchster Genauigkeit beschrieben werden, verringert werden. Ein Ansatz simuliert nur den sogenannten active space mit stark korrelierten elektronischen Zuständen auf dem Quantencomputer. Das umgebende System wird effizient mit klassischen quantenmechanischen Methoden beschrieben. Solche Ansätze werden allgemein als Quantum-Embedding-Theorien zusammengefasst.
Eine Aufgabe im Projekt QuantiCoM | QALPHAD ist deshalb die Identifikation von stark korrelierten Materialien, bei denen eine Quantensimulation einen Vorteil verspricht.
Ein industrierelevanter Anwendungsfall ist die Simulation von Leichtbaulegierungen für Strukturbauteile. In der Luft- und Raumfahrt ist das Gewicht der Bauteile von entscheidender Bedeutung. Leichtbaulegierungen, die hohe Festigkeit bei geringem Gewicht bieten, spielen eine Schlüsselrolle bei der Reduzierung des Treibstoffverbrauchs. Die Verbesserung solcher Materialen ist deshalb von großer Bedeutung für die Zukunft der Luftfahrtindustrie.
Hintergrund: QuantiCoM | AMQS
Die Interaktion von Wasser und Wasserstoff mit Metallen und deren Oberflächen hat eine große Bedeutung für Forschung und Industrie. Wasserstoff ist nicht nur ein wichtiger Energieträger und essenzieller Teil von Syntheseprozessen, sondern wirkt auch korrosiv. Bei dem Design neuer metallischer Materialien müssen deswegen potenzielle Degradationsmechanismen berücksichtigt werden, die die Eigenschaften des Materials ändern, zum Beispiel Wasserstoffversprödung oder Korrosion an der Metalloberfläche.
Um die Eigenschaften von Metallen und die Interaktion von kleinen Molekülen an und in ihrer Oberfläche zu simulieren, müssen periodische Systeme untersucht werden. Diese können je nach Periodizität und Einheitszelle unterschiedlich groß und rechnerisch anspruchsvoll sein. Auch hier stößt die klassische Simulation von stark korrelierten Systemen an Grenzen – die mithilfe von Quantencomputern überwunden werden können. Im Rahmen von QuantiCoM | AMQS wollen deshalb D-fine und Planqc zusammen mit ExoMatter und Airbus herausfinden, für welche stark korrelierten Systeme ein Quantenvorteil erreicht werden kann.
Die Erkenntnisse werden schließlich an zwei industrierelevanten Anwendungsfällen erforscht: die Wasserstoffspeicherung für Flugzeugtreibstoffe und der Korrosionsschutz bei Luft- und Raumfahrtmaterialien. So könnte zum Beispiel der Einfluss von Oberflächenmodifikationen oder Schutzbeschichtungen auf die Korrosionsbeständigkeit von Materialien berechnet werden. Die Ergebnisse der Simulationen würden ein tieferes Verständnis der korrosionstreibenden Mechanismen ermöglichen. Das ist die Grundlage für die Entwicklung widerstandsfähigerer Materialien und neuartigen Beschichtungstechnologien für langlebigere Bauteile in der Luft- und Raumfahrt.
d-fine
d-fine ist ein europäisches Beratungsunternehmen mit Fokus auf analytisch anspruchsvolle Themen, die von einem naturwissenschaftlich geprägten Team mit einem hohen Maß an Verantwortung für zukunftsfähige Lösungen und ihrer nachhaltigen technologischen Umsetzung bearbeitet werden.
planqc
Das Deep-Tech-Unternehmen planqc wurde im Jahr 2022 von einem Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik und der Ludwig-Maximilians-Universität München gegründet. planqc baut Quantencomputer, die Informationen in einzelnen Atomen speichern. Die Qubits werden in hochskalierbaren Arrays angeordnet und mit präzise gesteuerten Laserpulsen manipuliert. Planqc ist als erstes Start-up aus dem Munich Quantum Valley hervorgegangen.