Neutrale Atome, Gitter aus Laserlicht, Verschränkungen: Daraus lassen sich die Rechen- und Speichereinheiten von Quantencomputern herstellen. Je mehr dieser Qubits fehlerfrei arbeiten, umso leistungsfähiger ist ein Quantencomputer. Qubits aus Neutralatomen gelten in diesem Zusammenhang als vielversprechend. Um die Entwicklung voranzubringen, hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) einen Auftrag vergeben: Das Startup planqc aus Garching bei München baut innerhalb von dreieinhalb Jahren einen Quantencomputer auf Basis von Neutralatomen. Der Auftrag hat ein Volumen von 29 Millionen Euro.
Atome sind – im Gegensatz zu den geladenen Ionen – elektrisch neutral. Alle Atome der gleichen Sorte haben die gleichen Eigenschaften. Planqc verwendet sie also in ihrem Grundzustand für das Quantencomputing: „Damit die Neutralatome zu Qubits werden, müssen sie zunächst von Laserstrahlen in einem Vakuum gefangen und festgehalten werden“, sagt Dr. Robert Axmann, Leiter der DLR Quantencomputing-Initiative (QCI). Die Atome sind dann ähnlich wie in einem Eierkarton regelmäßig angeordnet und können mit Lasern manipuliert werden. So entstehen einzelne Qubits. „Um zwei Qubits miteinander wechselwirken zu lassen, werden die Atome in sogenannte Rydberg-Zustände versetzt. Ohne eine Wechselwirkung beziehungsweise Verschränkung funktionieren Quantencomputer nicht“, erklärt Robert Axmann.
Bei Atomen im Rydberg-Zustand ist das äußerste Elektron der Atomhülle viel weiter vom Atomkern entfernt als normal. Die Atome werden dadurch tausendfach größer. Sehr vereinfacht dargestellt führt das soweit, dass ein Rydberg-Atom benachbarte Atome blockiert und darüber hinweg mit einem entfernteren anderen Rydberg-Atom wechselwirkt: So werden die Atomhüllen zu den Rechenbausteinen von Quantencomputern.
Entwicklungsarbeiten in der Nachbarschaft von DLR-Instituten und anderen Start-ups
Planqc fertigt nun einen prototypischen Quantenprozessor mit dieser Technologie. Er soll auf ein System mit mehr als 100 Qubits wachsen. Der Quantencomputer soll zudem skalierbar und perspektivisch fehlerkorrigierbar sein. Das heißt, dass die Qubit-Zahl erhöht werden kann und das System fehlerfrei arbeitet. Die Fehleranfälligkeit gilt als eines der größten Hindernisse beim Quantencomputing.
Planqc nutzt für die Entwicklungsarbeiten Büros und Labore im DLR-Innovationszentrum Ulm. In direkter Nachbarschaft zu den DLR-Instituten stellen Startups und Unternehmen hier im QCI-Auftrag schon Quantencomputer auf Basis von Stickstoff-Fehlstellen in Diamant, photonische Quantencomputer, hybride Systeme mit Analogrechnern und Spin-enabling-Technologien her. Im zweiten DLR-Innovationszentrum in Hamburg geht es um Quantencomputer auf Basis von Ionenfallen. Das Bewerbungsverfahren für Quantencomputer mit Festkörperspins endete kürzlich.
„Die Vielfalt ist ein wichtiges Merkmal der DLR Quantencomputing-Initiative. Die QCI verfolgt unterschiedliche technologische Ansätze, um die jeweiligen Vor- und Nachteile zu erforschen. Mit diesem Projekt erweitern wir unser Quantencomputer-Portfolio am Standort Ulm um eine weitere erfolgversprechende Technologie“, sagt Dr. Karla Loida, Projektleiterin in der QCI. Noch ist nicht klar, welche Architekturen für Quantencomputer sich durchsetzen werden. Einige sind schon relativ weit entwickelt, wie zum Beispiel die supraleitenden Systeme, die aber extrem tiefe Temperaturen brauchen. Daneben gibt es andere Systeme, die für Quantencomputer infrage kommen.
planqc
Das Deep-Tech-Unternehmen planqc wurde im Jahr 2022 von einem Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik und der Ludwig-Maximilians-Universität München gegründet. planqc baut Quantencomputer, die Informationen in einzelnen Atomen speichern. Die Qubits werden in hochskalierbaren Arrays angeordnet und mit präzise gesteuerten Laserpulsen manipuliert. Planqc ist als erstes Start-up aus dem Munich Quantum Valley hervorgegangen.