DLR QCI vergibt Aufträge für 13 Millionen Euro für Spin-enabling-Technologien

12. Januar 2023

  • Advanced Quantum und Diatope aus Baden-Württemberg unterstützen die Entwicklung von Quantencomputern mit Festkörper-Spins.
  • Festkörper-Spins sind zum Beispiel durch Stickstoff-Fehlstellen in Diamant realisierbar.
  • Qualitätssicherung für Qubit-Hardware und Standardisierungen in der Herstellung.

Qubits sind die Recheneinheiten von Quantencomputern. Sie lassen sich auf unterschiedliche Weise herstellen. Eine Möglichkeit sind sogenannte Spin-Qubits in Festkörpern, zum Beispiel in Diamanten: Dann stecken die Qubits in Fehlstellen, die gezielt in die Struktur von Diamantkristallen eingefügt werden. Die Quantencomputing-Initiative im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat in diesem Zusammenhang jetzt zwei Aufträge vergeben. Advanced Quantum aus Allmersbach (Baden-Württemberg) entwickelt in den kommenden dreieinhalb Jahren eine Qualitätssicherung für diese veränderten Diamant-Strukturen und andere Festkörper, die für Qubits geeignet sind. Diatope aus Ummendorf (Baden-Württemberg) erzeugt hochwertige Diamantschichten mit Stickstoff-Fehlstellen. Die Aufträge haben ein Gesamtvolumen von 13 Millionen Euro.

„Start-ups profitieren besonders von der DLR Quantencomputing-Initiative, die jungen Unternehmen werden effektiv in den Aufbau eines kommerziellen Ökosystems für Quantencomputing eingebunden. So kann eine industrielle Basis entstehen, die international wettbewerbsfähig ist und den Technologiestandort Deutschland in dieser Schlüsseltechnologie stärkt.“

Dr. Anna Christmann, Beauftragte des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) für die digitale Wirtschaft und Start-ups.

„Stickstoff-Fehlstellen in Diamant gelten als geeignete Spin-Qubits für den Bau von Quantencomputern. Für die weitere Entwicklung ist es wichtig, dass die Spin-Qubits in ausreichender Zahl und in hoher Qualität zur Verfügung stehen. Darum geht es bei diesen Aufträgen“, sagt Dr. Robert Axmann, Leiter der DLR Quantencomputing-Initiative (QCI). Die Vorteile von diamantbasierten Qubits liegen unter anderem darin, dass sie bei Raumtemperatur funktionieren. Supraleitende Systeme, die auch zu den Festkörpern zählen, sind vergleichsweise weit entwickelt. Sie brauchen aber extrem tiefe Temperaturen. „Für das Quantencomputing ist noch völlig unklar, welche Systeme gut skalieren – also höhere Anzahlen von Qubits erlauben – und fehlerfrei beziehungsweise fehlerkorrigierbar arbeiten. Deswegen ist es umso wichtiger, dass viele Qubit-Technologien erforscht werden“, ergänzt Robert Axmann.


Hersteller profitieren voneinander

Anlage für das Diamantwachstum im Reinraum | Bild: JL, Diatope

Die beiden Start-ups unterstützen und beschleunigen die weitere Entwicklung von Quantencomputern auf Basis von Stickstoff-Fehlstellen (NV-Zentren, nitrogen-vacancy) in Diamant. Sie gewährleisten außerdem, dass die gefertigten Qubits gleichbleibende Eigenschaften haben. Die erteilten Aufträge entwickeln und erweitern gezielt das Ökosystem für den Bereich von Quantencomputern auf Basis von Festkörperspins und sind eng mit den Aufträgen zum Bau von Quantencomputern auf Basis von NV-Zentren verzahnt.

Advanced Quantum erarbeitet eine Qualitätssicherung für Spin-Qubits in Festkörpern. Die Fehlstellen in Diamanten und anderen Materialien sollen dazu mit Laserstrahlen, Mikrowellen und Radiofrequenzen angesteuert werden. Um die Eigenschaften der Spin-Qubits möglichst detailliert darstellen zu können, führt Advanced Quantum zusätzlich eine Analyse der Proben unter kryogenen (ultrakalten) Temperaturen durch.

Diatope produziert Quantenhardware auf Basis von NV-Zentren. Diatope lässt also besonders reine Diamantschichten kontrolliert wachsen und implantiert dann Stickstoff-Ionen in die Kristall-Struktur. Anschließend werden die Diamanten erhitzt. Dadurch gewinnen sie ihre Gitterstruktur zurück, die durch den Einbau der Stickstoff-Ionen gestört wurde. Für die einzelnen Prozesse baut Diatope spezielle Anlagen und optimiert deren Betrieb.

„Eine enge Zusammenarbeit ist vorgesehen – nicht nur zwischen den beiden Projekten, sondern auch mit anderen Industriepartnern und DLR-Instituten in der DLR Quantencomputing-Initiative. Davon profitieren alle Beteiligten und gleichzeitig wird das Quantencomputing-Ökosystem am Standort Deutschland insgesamt vorangebracht.“

Dr. Karla Loida, Projektleiterin Hardware in der DLR Quantencomputing-Initiative.

Beide Start-ups nutzen Labore im DLR-Innovationszentrum Ulm. Dort und im DLR-Innovationszentrum Hamburg bestehen Synergien mit den DLR-Instituten und weiteren Projekten in der DLR Quantencomputing-Initiative.