QCI vergibt Aufträge für 57 Millionen Euro für Quantencomputer mit NV-Zentren

12. Dezember 2022

  • Die Start-ups SaxonQ und XeedQ aus Leipzig entwickeln im Auftrag der DLR QCI Quantencomputer, die auf Stickstoff-Fehlstellen in Diamant basieren.
  • Stickstoff-Fehlstellen in künstlichen Diamanten bilden die Qubits.
  • Die Systeme werden im DLR-Innovationszentrum Ulm integriert und betrieben.

Diamanten sind faszinierende Gebilde aus Kohlenstoff: Die Kristalle sind so hart wie kein anderer natürlicher Stoff, sie sind wertvolle Schmuckstücke – und sie können das Quantencomputing voranbringen. Ein vielversprechender Technologieansatz für das Quantencomputing ist die Realisierung von Qubits auf Basis von NV-Zentren in Diamant. Das bedeutet, dass sich die Rechen- und Speichereinheiten eines Quantencomputers in bestimmten Stickstoff-Fehlstellen (nitrogen-vacancy, NV) von Diamanten befinden. Die Quantencomputing-Initiative des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat jetzt Verträge mit SaxonQ und XeedQ zum Bau von NV-basierten Quantencomputern geschlossen. Die beiden Firmen aus Leipzig verfolgen unterschiedliche Ansätze für die Herstellung von NV-Zentren. Die DLR-Aufträge haben ein Gesamtvolumen von 57 Millionen Euro.

Fehler im Diamantkristall

„Solche Qubits haben den Vorteil, dass sie bei Raumtemperatur funktionieren. Dies erweitert den potenziellen Einsatzbereich dieser Quantencomputer deutlich. Andere Systeme, etwa mit supraleitenden Schaltkreisen, können nur bei sehr tiefen Temperaturen betrieben werden“, sagt Dr.-Ing. Robert Axmann, Leiter der DLR Quantencomputing-Initiative (QCI).

Dr.-Ing. Robert Axmann, Leiter der DLR Quantencomputing-Initiative (QCI)

NV-Quantenprozessoren gelten als leicht und mobil. Ihr Einsatz ist in Zukunft auch in Flugzeugen oder Satelliten denkbar. Eine der aktuell größten Herausforderungen bei dieser Technologie liegt darin, mehrere geeignete NV-Zentren in geringem Abstand zu platzieren. Erst dann können sie effektiv miteinander verschränkt werden, was die Voraussetzung für einen Quantencomputer ist.

SaxonQ und XeedQ arbeiten mit unterschiedlichen Ansätzen

La­ser­ zum Aus­le­sen der Qubits | Bild: SaxonQ / Swen Reichhold

Perfekte Diamanten bestehen aus einem makellosen Gitter von miteinander verbundenen Kohlenstoffatomen. Eine Stickstoff-Fehlstelle ist eine Störung in diesem Kristallgitter. Sie kann auch natürlich vorkommen. Diamanten mit besonders vielen Stickstoffatomen sind gelblich gefärbt. Für Quantencomputer werden ausschließlich synthetische Diamanten verwendet. Künstlich in das Kristallgitter eingebrachte Stickstoffatome ersetzen Kohlenstoffatome auf deren Gitterplätzen. Wenn sich diese Stickstoff-Fremdatome mit einem benachbarten leeren Gitterplatz verbinden, entstehen NV-Zentren.

SaxonQ erzeugt die NV-Zentren mit einer eigens entwickelten Technik knapp unter der Oberfläche des Diamantkristalls. Diese Technologie verspricht eine hohe Präzision bei der gezielten Anordnung von NV-Zentren.

XeedQ ordnet die NV-Zentren in einer dreidimensionalen Struktur im Diamantkristall an, so dass sich eine gegenseitige Wechselwirkung ergibt. Zusammen mit einem speziellen Ausleseverfahren wird so der Bau eines skalierbaren Quantencomputers möglich.

In einer ersten Phase entsteht zeitnah in beiden Projekten jeweils ein Demonstrator-System mit mindestens vier Qubits. In späteren Phasen erfolgt die Entwicklung zu größeren Systemen: Nach vier Jahren soll der Bau von Quantencomputern mit mehr als 32 Qubits abgeschlossen sein, die skalierbar und fehlerkorrigierbar sind. Alle Systeme werden in den Laboren des DLR-Innovationszentrums Ulm integriert und betrieben.

Synergien mit weiteren Projekten in Ulm und Hamburg

In Ulm und im DLR-Innovationszentrum Hamburg bestehen enge Synergien mit weiteren Projekten in der DLR Quantencomputing-Initiative. Eine Ausschreibung zum Thema Spin-enabling-Technologien fokussiert auf Teilsysteme und Hilfstechnologien für spinbasiertes Quantencomputing. Die NV-Quantencomputer-Hersteller profitieren von der reproduzierbaren Herstellung und Charakterisierung der Qubit-Hardware, an der gemeinsam gearbeitet wird.

„Das DLR baut ein Quantenökosystem auf, in dem sich Forschung, Industrie und Start-ups gegenseitig ergänzen. Dabei verfolgt die DLR Quantencomputing-Initiative unterschiedliche technologische Ansätze, um diese zu evaluieren und für vielfältige Anwendungen einzusetzen. So lassen sich die Vor- und Nachteile verschiedener Architekturen für Quantencomputer erforschen“, sagt Dr. Karla Loida, strategeische Projektmanagerin in der DLR Quantencomputing-Initiative.

Dr. Karla Loida, Projektmanagerin | Hardware

Kürzlich hat das DLR bereits Aufträge für die Entwicklung von Ionenfallen-Systemen und photonischen Systemen vergeben.