Start-ups und Un­ter­neh­men ent­wi­ckeln Quan­ten­com­pu­ter auf Ba­sis von Io­nen­fal­len

27. Oktober 2022

  • eleQtron, NXP Semiconductors Germany, Parity Quantum Computing Germany, QUDORA Technologies und Universal Quantum Deutschland bauen innerhalb von vier Jahren prototypische Quantencomputer.
  • Systeme mit Ionenfallen eignen sich für universelle Rechenoperationen.
  • Fünf Teilprojekte mit unterschiedlichen Ausrichtungen.
  • Die Aufträge haben ein Gesamtvolumen von 208,5 Millionen Euro.

Aus einer Ionenfalle können geladene Atome nicht entwischen: Ein elektromagnetisches Feld hält sie in ihrer Position. Ein Laser sowie Radio- oder Mikrowellen können den Zustand der geladenen Atome (Ionen) dann gezielt verändern. So werden sie zu Qubits, den Rechenbausteinen von Quantencomputern. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat jetzt Aufträge vergeben, damit die Ionenfallen-Technologie weiterentwickelt wird. Im Rahmen der DLR Quantencomputing-Initiative entstehen innerhalb von vier Jahren entsprechende prototypische Quantencomputer.

„Für die Realisierung von Qubits auf Basis von Ionenfallen vergibt das DLR Aufträge für fünf Projekte im Rahmen seiner Quantencomputing-Initiative. Dieser Technologieansatz gilt als vielversprechend und soll nun gezielt weiter vorangetrieben werden. Damit gehen wir einen weiteren Schritt in Richtung eines programmierbaren, fehlertoleranten Quantencomputers“, sagt Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR. „Durch die enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft entstehen Synergien, die das Ökosystem Quantencomputing stärken und damit auch Start-ups neue Möglichkeiten eröffnen.“

Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR

Die Aufträge haben ein Gesamtvolumen von 208,5 Millionen Euro. Die sukzessive Entwicklung der Systeme läuft in mehreren Phasen. „Zum Ende der Projekte werden Quantencomputer basierend auf Ionenfallen-Technologie mit mindestens 50 Qubits bereitstehen. Gleichzeitig werden modulare Systeme aufgebaut, die erweiterbar Richtung tausender Qubits sind“, sagt Dr. Robert Axmann, Leiter der DLR Quantencomputing-Initiative. Das akademische und wirtschaftliche Umfeld in unseren Innovationszentren ist optimal zur Weiterentwicklung.“

Die Firmen und deren Mitarbeitende nutzen zukünftig Büros, Labore und einen Reinraum im DLR-Innovationszentrum in Hamburg. Hier und im DLR-Innovationszentrum in Ulm profitieren die Unternehmen auch von der unmittelbaren Nähe zu den DLR-Instituten sowie Arbeitsgruppen und der gemeinsamen Arbeit an den Herausforderungen des Quantencomputing.

Entwicklungsarbeiten im DLR-Innovationszentrum Hamburg

In einem ersten Projekt liefern NXP Semiconductors Germany (Hamburg) / eleQtron (Siegen) / Parity Quantum Computing Germany (München) als Konsortium einen Demonstrator mit zehn Qubits. Der Betriebsbeginn ist für Ende 2023 geplant. Anwender und Anwenderinnen können auf diesem Quantencomputer Erfahrungen mit Ionenfallen-Systemen sammeln und die Entwicklung voranbringen.

Zwei Projekte beinhalten den Bau von prototypischen Quantencomputern mit mindestens 50 voll funktionsfähigen Qubits auf einem Chip. Universal Quantum Deutschland (Düsseldorf) und das Konsortium QUDORA Technologies (Braunschweig) / NXP Semiconductors Germany entwickeln jeweils eigene Systeme. Der Chip ist skalierbar, die Anzahl der Qubits und die Rechenleistung lassen sich also erhöhen. Die Fehleranfälligkeit gilt als eine der größten Herausforderungen beim Quantencomputing. Daher liegt ein Fokus darauf, dass der Chip perspektivisch fehlerkorrigierbar ist.

In zwei weiteren Projekten entstehen modulare, skalierbare Quantencomputer auf Ionenfallen-Basis. Mehrere Chips werden dabei zu einer universellen Quantencomputer-Architektur vernetzt. Das Besondere: Jedes Modul ist ein eigener kleiner Quantenprozessor mit jeweils zehn Qubits. Diese Struktur soll später auf viele Chips mit tausenden von Qubits wachsen. Universal Quantum Deutschland (Düsseldorf) und das Konsortium NXP Semiconductors Germany / eleQtron / Parity Quantum Computing Germany entwickeln im Auftrag des DLR diese modularen Quantencomputer-Prototypen.

Ionenfallen-Qubits haben eine vergleichsweise lange Kohärenzzeit

„Systeme mit Ionenfallen erlauben universelle Rechenoperationen. Sie sind nicht auf die Lösung bestimmter Aufgaben festgelegt“, erklärt Dr. Karla Loida, Projektleiterin in der Quantencomputing-Initiative. „Quantencomputer auf Basis von Ionenfallen haben mehrere Vorteile: Die Qubits sind vergleichsweise stabil und die Gattergüten sind hoch – eine wichtige Voraussetzung für den Bau hochqualitativer Quantencomputer. Durch die Integration auf Mikrochips und innovative Chipdesigns wird jetzt auch die Skalierbarkeit greifbar.“

Dr. Karla Loida, Projektleiterin in der Quantencomputing-Initiative

Zudem sind die Technologien, die zum Bau erforderlich sind, schon ausgereift. Lasersysteme für die nötige Kühlung sind verfügbar. Eine gezielte Manipulation von Qubits funktioniert mithilfe von Lasern, Mikro- oder Radiowellen. Auch die Integration auf Mikrochips ist bewährt.

Die in den Projekten entwickelten prototypischen Quantencomputer werden von den DLR-Instituten für die Forschung und Entwicklung genutzt und sind über ein Netzwerk verfügbar.