Alle Tests bestanden: DLR QCI nimmt 4-Qubit-Demonstratoren SQ-RT und XQ1i ab

1. Juli 2024

Alle Tests sind abgeschlossen, die Abnahmeprotokolle unterschrieben und unsere Auftragnehmer SaxonQ und XeedQ informiert: Damit haben die ersten Quantencomputer-Demonstratoren unseren Abnahmeprozess bestanden und können zukünftig von unseren Forschungs- und Industriepartnern für die Entwicklung neuartiger Quanten-Anwendungen genutzt werden.

Die beiden Systeme – der SQ-RT mit Princess QPU von SaxonQ und der XQ1i von XeedQ – werden nun in unsere Innovationszentren integriert und unseren Forschungs- und Entwicklungsteams zur Nutzung bereitgestellt.

Doch Zeit zum Ausruhen gibt es weder für uns noch für die Startups. Längst haben die Arbeiten am nächsten Meilenstein begonnen: der ersten Skalierungsstufe mit 8 Qubits durch die Kopplung zweier NV-Zentren. Später folgt ein System mit bis zu 32 Qubits.

Kompetenter Blick fürs Detail

Max Kneiss und Robert Karsthof von SaxonQ mit DLR QCI-Projektmanager Maximilian Kögl starten eine Messung an der Princess QPU.

Wir legen großen Wert auf unseren Abnahmeprozess. Quanten-Hardware in der DLR QCI muss eine Vielzahl von Anforderungen und Tests bestehen. So musste das vorgelegte System beispielsweise auf allen vier Qubits die geforderten Gattergüten, Gate-Dauern und Kohärenzzeiten erreichen, und zwar unter den Bedingungen, unter denen die Demonstratoren später auch betrieben und den Forschungs- und Entwicklungsteams zur Verfügung gestellt werden.

Konkret verlangten wir als ersten großen Meilenstein je ein mobiles Raumtemperatur-System mit vier Qubits: jeweils ein NV-Elektronspin-Qubit und drei Kernqubits. Dafür legten wir als Qualitätskriterien eine Gattergüte von mehr als 95 Prozent auf 1-Qubit-Gattern und mit mehr als 90 Prozent auf 2-Qubit-Gatter fest. Gerade bei den 2-Qubit-Gates war der Nachweis ein sehr aufwändiger Prozess mit Dutzenden Testroutinen und Hunderttausenden Gattern, mit denen die Startups die Gattergüten auf allen vier Qubits nachweisen musste. Auf diese Weise konnten wir aber ein unteres Fidelity-Limit für das komplette Register festlegen, anstatt die Fidelity-Zahlen durch Cherrypicking zu schönen. Diese Messeergebnisse wurden schließlich von uns wissenschaftlich geprüft und durch eigene Testreihen auf Plausibilität geprüft.

Für industriereife Produkte und kompetitive Startups

DLR QCI-Projektmanager Markus Weber und Kathrin Höppner, Managerin Innovationszentrum Ulm testen mit XeedQ-Gründer Gopi Balasubramanian, Matthias Gerster und Priyadharshini Balasubramanian (verdeckt) den frisch abgenommenen XQ1i.
DLR QCI-Projektmanager Markus Weber und Kathrin Höppner, Managerin Innovationszentrum Ulm testen mit XeedQ-Gründer Gopi Balasubramanian, Matthias Gerster und Priyadharshini Balasubramanian (verdeckt) den XQ1i.

Wir wollen nicht nur wissen, dass die Hardware wie spezifiziert funktioniert und zum Beispiel eine ausreichend hohe Gattergüte erreicht. Uns ist ebenso wichtig, dass sie als Produkt bestehen kann. Das ist gerade bei einer Quantencomputing-Technologie wie den NV-Zentren notwendig: Die Abnahme wird nicht nur von unseren Industriepartnern und ihren Projekten bestanden, sondern sie trifft auch eine Aussage über die Plattform als Ganzes. Damit signalisieren wir auch potenziellen Geldgebern einen hohen technologischen Entwicklungsstand. Solche Signale von einer kompetenten und vertrauenswürdigen Stelle können ausschlaggebend für eine Finanzierung sein.

Die Beauftragung durch die DLR QCI als Ankerkunde ermöglicht Startups, neueste Forschung in die industrielle Herstellung von Quantencomputern zu übertragen. Aber sie ermöglicht – und erfordert – von den Startups auch einen Reifungsprozess, sowohl für die Technologie als auch für sich als wachsendes Start-Up und als Marktteilnehmer. Dazu zählen zum Beispiel auch nützliche und komplette Handbücher, eine saubere Kabelführung und dass notwendige technische Standards für elektronische Produkte eingehalten werden. Gerade bei der Produktsicherheit bedeutet das ein Umdenken: Im Gegensatz zu universitären Aufbauten müssen unsere Systeme strenge Produktsicherheitsnormen zur elektromagnetischen Verträglichkeit, Schutz vor Stromschlägen, Lasersicherheit und so weiter einhalten.

Mit der Abnahme der 4-Qubit-Systeme ist für uns klar: Das Fundament für Quantencomputing auf Basis von NV-Zentren ist gelegt. Wir können bereits kleine Quantenregister bei Raumtemperatur kontrollieren. Der nächste – sehr wichtige Schritt – wird nun sein, mehrere solcher Register aneinander zu fügen, um Skalierbarkeit zu beweisen. Noch nie wurde mit NV-Zentren ein großer Quantencomputer gebaut. Sollte der Schritt von 4 auf 8 und später auf 32 Qubits gelingen, wäre das ein klares Signal: Auf dieser Plattform lässt sich ein Quantencomputer für industrierelevante Anwendungen aufbauen.

Was tun mit vier Qubits?

„Die Beauftragung durch die DLR QCI hat dazu beigetragen, die Entwicklung dieser kritischen mobilen Quantentechnologie voranzutreiben.“ – Prof. Dr. Marius Grundmann, SaxonQ, bei der Abnahme mit Maximilian Kögl, DLR QCI.

Mit vier Qubits können keine kalkulatorischen Aufgaben gelöst werden, die einen wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Vorsprung bringen. Man kann mit ihnen aber sehr wohl wichtige Erfahrungen mit echter Quantenhardware machen, die ein Simulator oder Cloud-Zugang so nicht ermöglicht. Und das gilt sowohl für unsere Industriepartner, die so über uns Zugang zu und Kontrolle über echte Qubits erhalten wie für unsere Forschungsteams aus den DLR-Instituten: QLearning vom DLR-Institut für Quantentechnologien wird damit die Eignung der Quantenprozessoren für verschiedene Ansätze des bestärkenden Lernens überprüfen, BASIQ vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik wird das Rauschen der Quantencomputer für die Simulation von Molekülen in einer Umgebung nutzen oder beispielhaft ein H2-Molekül auf einem Qubit simulieren. Auf diese Weise eignen sich unsere Doktorand:innen, die Projekte und Firmen eine Erfahrung mit echten Qubits an, die ihnen bei späteren, größeren Systemen einen Vorsprung verschaffen wird.

Andererseits fließen die Erfahrungen der Anwendungsseite auch wieder zurück an die Hardware-Startups und versorgen sie mit einem wichtigen Feedback zur Anwendungs-gerechten Gestaltung ihrer Systeme. Dass hier die Anwendungsseite von der Angebotsseite lernt und andersherum, und dass dieses Wissen im Ökosystem verbleibt und genutzt werden kann, das verstehen wir als eine der zentralen Leistungen der DLR QCI.